Olympia Familie Max-Theurer

 

Sissy Max-Theurer mit Mon Cherie und ihrem Ehemann und Trainer Hans

Sissy Max-Theurer mit Mon Cherie und ihrem Ehemann und Trainer Hans

1980 Moskau – 1984 Los Angeles – 1992 Barcelona – 2004 Athen – 2008 Hongkong – 2012 London – bereits sechsmal ging für Sissy Max-Theurer und ihre Tochter Victoria der Traum von der Teilnahme an Olympischen Spielen in Erfüllung. In diesem Jahr peilt Victoria Max-Theurer mit Rio de Janeiro ihre vierten Olympischen Spiele in Folge an. Grund genug, mit Sissy und Victoria Max-Theurer über die berühmtesten fünf Ringe des Sports zu sprechen.

Die Zahl von Österreichs Medaillengewinnern bei Olympischen Sommerspielen ist in der Wintersport-Republik überschaubar – eine von ihnen, Sissy Max-Theurer. Sie gewannen als bislang einzige Österreicherin Gold im Dressurviereck – am 1. August 1980 in Moskau, bei den sogenannten Boykottspielen.

Sissy Max-Theurer: Zwar ist es nun schon über 35 Jahre her – aber ich habe noch alles genau vor Augen: die Siegerehrung, die Hymne – und das gute Gefühl, es geschafft zu haben. Zwar waren mit der Schweizerin Christine Stückelberger sowie den Deutschen Dr. Reiner Klimke und Uwe Schulten-Baumer starke Konkurrenten in Moskau nicht am Start …

Elisabeth Max-Theurer auf Mon Cherie, Foto: Pio Czerny

Elisabeth Max-Theurer auf Mon Cherie / Foto: Pio Czerny

Ein Sieg zweiter Klasse war es aber dennoch nicht?
Sissy Max-Theurer: Nein, geschenkt wurde uns der Sieg keinesfalls. Meine Konkurrenten ritten sehr stark – so wurde etwa die fünftplatzierte Finnin Kyra Kyrklund später Vize-Weltmeisterin. Und mit meinem Mon Cherie gelang mir erneut eine sehr gute Leistung.

Wie 1979, also ein Jahr zuvor bei den Europameisterschaften?
Sissy Max-Theurer: Ja, damals konnten wir die favorisierte Christine Stückelberger auf ihrem Granat und auch die Deutschen schlagen. Im olympischen Jahr waren wir beim CHIO Aachen jeweils Zweite – einmal hinter Dr. Reiner Klimke, einmal hinter Uwe Schulten-Baumer.

Es ist viel über den Boykott der Spiele durch die USA und ihre Verbündeten wegen des Einmarschs der Russen in Afghanistan diskutiert worden – wie stehen Sie dazu?
Sissy Max-Theurer: Österreich ist ein neutrales Land und so konnten wir damals selbst entscheiden – auch wenn unser Verbandspräsidenten schon Druck erzeugte, die Teilnahme abzusagen. Ich bin froh, nach Moskau gefahren zu sein. Viele andere Sportler wurden um den verdienten Lohn ihres jahrelangen Trainings gebracht. Was umso bitterer ist, als dass man heute die nicht minder unglückseligen Verstrickungen der USA in den Afghanistan-Konflikt kennt – und deren fatale Auswirkungen bis heute andauern.

Der Olympiasieg von Mon Cherie war sein letzter Championatsauftritt, warum?
Sissy Max-Theurer: Leider erkrankte Mon Cherie an dem sog. Schimmelkrebs und hatte zunehmend Probleme mit der Atmung. Mit seinen gerade mal zehn Jahren mussten wir ihn aus dem Sport nehmen – er war das Pferd meines Lebens. Ein Geschenk – und zunächst völlig unreitbar …

Unter der Trainerägide ihres Mannes, des Reitmeisters Hans Max-Theurer, setzten sie dann mit Acapulco ihre Karriere fort.
Sissy Max-Theurer: Nach Platz zehn bei der EM 1983 wurden wir 1984 bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles/USA Elfte.

Erst acht Jahre später, nämlich 1992, nahmen sie zum dritten Mal an Olympischen Spielen teil?
Sissy Max-Theurer: Dazwischen lag die Geburt unserer beiden Kinder: 1985 Victoria und 1987 Johannes. Mit Liechtenstein gelang mir dann das Comeback, wobei wir in Barcelona Platz acht im Einzelfinale belegten. Mit Rang zwölf bei der WM 1994 im niederländischen Den Haag beendete ich meine aktive Laufbahn und unterstütze fortan meine Tochter bei ihrer Viereck-Karriere.

Victoria Max-Theurer auf Augustin bei den Olympischen Spielen in London 2012 / Foto: Michael Rzepa

Victoria Max-Theurer auf Augustin bei den Olympischen Spielen in London 2012 / Foto: Michael Rzepa

2004 nahmen Sie, Victoria Max-Theurer, erstmals an Olympischen Spielen teil. Was war das Besondere?
Vici Max-Theurer: Olympische Spiele sind wohl das Ziel eines jedes Sportlers. Dass für mich schon 2004 im Alter von 18 Jahren der Traum ausgerechnet in der Olympischen Wiege Athen in Erfüllung ging, bleibt für mich unvergesslich.

Athen war gleich in vielerlei Hinsicht besonders?
Vici Max-Theurer: Ja, so war das erste Mal nach 20 Jahren wieder eine Österreichische Mannschaft startberechtigt, zu der dann Nina Stadlinger mit Egalité, Peter Gmoser mit Don Debussy, Fritz Gaulhofer mit Meggle’s Werther’s Wels und ich gehörten. Den Grundstein dafür hatten wir bei der EM 2003 im britischen Hickstead gelegt. Damals war ich 17 und mit Weinrausch jüngste Teilnehmerin.

Auch in Athen waren Sie die jüngste Teilnehmerin.
Vici Max-Theurer: Sogar die jüngste überhaupt, die bis dahin je an Olympischen Reiterspielen teilgenommen hatte.

 

Sie konnten mit Weinrausch, Agrigento und Falcao gleich drei Pferde qualifizieren.
Vici Max-Theurer: Die Wahl fiel auf Falcao, mit dem ich im November 2003 erstmals überhaupt eine Grand Prix-Tourbestritt.

Und schon dies war eine kleine Sensation.
Vici Max-Theurer: Ja, richtig. Als wir Falcao vierjährig entdeckten, war er eigentlich nur als Pferd für die Jugend-Tour vorgesehen. Dass er mich dann sechsmal zu Junioren-Edelmetall trägt und darüber hinaus auch noch zu Platz 20 bei meinem Olympischen Debüt, damit hat niemand gerechnet.

Vier Jahre später in Hongkong setzten Sie dann erneut auf Falcao?
Vici Max-Theurer: Schon allein wegen des dort herrschenden feucht-heißen Klimas, mit dem der stets sehr motivierte Falcao dann auch überhaupt keine Probleme hatte.

Dafür umso mehr mit der Anzeigetafel?
Vici Max-Theurer: Ja, leider! Das war wirklich Pech.Falcao ließ sich sehr ablenken und so erreichten wir im Grand Prix nicht unsere gewohnte Leistungsstärke.

2012 in London hatten Sie Augustin OLD gesattelt.
Vici Max-Theurer: Der von meiner Mama selbst gezogene Augustin OLD hatte sich mit tollen Erfolgen empfohlen. Wir waren zum Beispiel im Olympiajahr Vierte im Großen Aachener Dressurpreis – und das mit über 80 Prozent!

Im Olympischen Kürfinale rangierten Sie an 13. Stelle.
Vici Max-Theurer: Ein Ergebnis, auf das ich sehr stolz bin. Im Grand Prix hatten wir noch ein paar kleine Unsicherheiten, aber im Special und der Kür lief es wirklich sehr gut.

In diesem Jahr peilen Sie nun ihre vierte Olympiateilnahme in Folge an. Waren Sie schon einmal in Rio de Janeiro?
Vici Max-Theurer: 2011 mit Eichendorff. Allerdings auf einer anderen Anlage, als der, auf der nun die Olympischen Wettbewerbe ausgetragen werden.

Victoria Max-Theurer erritt auf der Stute Blind Date, mit der sie die Olympischen Spiele in Rio bestreiten wird, 2014 am Schindlhof den Sieg im Grand Prix Special

Victoria Max-Theurer erritt auf der Stute Blind Date, mit der sie die Olympischen Spiele in Rio bestreiten wird, 2014 am Schindlhof den Sieg im Grand Prix Special

In Rio werden Sie Blind Date vorstellen?
Vici Max-Theurer: Dem inzwischen 18 –jährigen Eichendorff und dem Kolik-operierten Augustin OLD konnte und wollte ich die Reise nicht zumuten. Blind Date hat bei ihrer EM-Premiere 2015 in Aachen, bei der sie mit 75,20 Prozent Zehnte im Grand Prix wurde, bewiesen, dass sie ein hervorragendes Championatspferd ist.

Sie sind, wie schon 2012, als Einzelstarterin in Rio dabei?
Vici Max-Theurer: Es ist wirklich schade, dass es mit der Olympia-Qualifikation für Österreich nicht geklappt hat. Aber ich bin zum Glück nicht allein: meine Eltern und mein Team begleiten mich! Ohne deren persönlichen Einsatz wären meine Erfolge niemals möglich. Dafür bin ich allen sehr dankbar!

Retrospektiv betrachtet: welches waren bislang ihre schönsten Spiele?
Vici Max-Theurer: Ein Ranking gibt es nicht. Athen hatte fast Urlaubsflair und wir haben auch noch etwas von den anderen Sportarten mitbekommen.Hongkong war hervorragend organisiert und hat uns das asiatische Lebensgefühl sehr nahegebracht. Und schließlich fand London vor einer atemberaubenden Zuschauerkulisse statt. Jetzt freue ich mich auf Rio – und hoffe, dass „Beate“ und ich unser Bestes geben können.

Das Gespräch führte Dr. Tanja Becker